Die Luftlandeschlacht um Kreta (Unternehmen Merkur)

Wenn man als Verteidiger über Ort, Stärke und Zeit eines feindlichen Angriffs Bescheid weiß und im Besitz einer mehr als doppelten Übermacht ist und dann trotzdem geschlagen wird, sollte man sich wirklich einsalzen lassen. Ganz besonders dann, wenn man es mit Fallschirmjägern zu tun hat, die beim Absprung besonders verwundbar und in hohem Maße auf die Überraschung angewiesen sind. So gesehen hat sich der englische Befehlshaber auf Kreta den Spottnamen eines Inselmontys wahrlich verdient. Viel schlechter hätte sich nämlich der Monty auch nicht schlagen können. Unserem Feldherren Kurt Student gereicht die Eroberung Kreta aus der Luft im Jahre 1941 aber zu großem Ruhm. Zwischen 42,000 und 60,000 Engländer hat er mit seinen 22,000 Recken geschlagen. Wobei anfangs nur unsere Fallschirmjäger gelandet sind und diese erst nach schweren Kämpfen den Flughafen von Maleme erobern konnten, um unsere Gebirgsjäger einfliegen zu können. Die Verluste der Engländer betrugen um die 23,000 und acht Kriegsschiffe, während wir Deutschen einen Verlust von 3600 Gefallenen und Vermißten und 2000 Verwundeten erlitten. Der Nutzen der Eroberung Kretas war ein zweifacher: Zum einen wurden unsere Ölfelder in Rumänien vor Bombardierungen geschützt und zum anderen konnten wir nun von Kreta aus die englischen Versorgungslinien im Mittelmeer bedrohen. Den Schlachtbericht können wir den Erinnerungen unseres Generaloberst Student entnehmen, die unser Panzergeschichtsschreiber Hermann Götzel bearbeitet und unser dem Namen „Generaloberst Kurt Student und seine Fallschirmjäger“ veröffentlicht hat. Mit der Einnahme der Höhe 107 im Westen Kretas erringen unsere Fallschirmjäger nun einen ersten Erfolg:

„Über die bereits erwähnten Maßnahmen hinaus sollte der Admiral Südost gebeten werden, beide Wellen der leichten Schiffsstaffel von ihrem Liegeplatz Milos aus in Richtung auf die Küste westlich von Malemes unverzüglich in See gehen zu lassen. Alle Befehle, die zur Ausführung dieses Entschlusses erforderlich waren, wurden sofort erlassen. mit ihrer Durchführung wurde unverzüglich begonnen. Dann erst wurde die Luftflotte IV über die getroffenen Maßnahmen unterrichtet. Der Gefechtsbericht der Luftflotte IV, der erst geraume Zeit nach Beendigung der Schlacht abgefaßt wurde, stellt diese Vorgänge so dar, als ob der entscheidende Entschluß, den Schwerpunkt der Operation in den Raum von Malemes zu legen, von der Luftflotte bereits am Abend des 20. Mai gefaßt worden sei. Die vom XI. Fliegerkorps getroffenen Maßnahmen würden danach lediglich die Ausführung von Aufträgen dargestellt haben, die mit einer entsprechenden Weisung der Luftflotte bereits am Vorabend erteilt worden seien. Diese Darstellung deckt sich nicht mit dem tatsächlichen Ablauf der Geschehnisse. Erst in den frühen Morgenstunden des 21. Mai war klar zu übersehen, daß die ursprüngliche Absicht, die V. Gebirgsdivision auf dem Flugplatz Heraklion zu landen, nicht durchführbar war. Folglich bestand kein Grund, vor diesem Zeitpunkt den geplanten Einsatz dieser Division auf den Raum Malemes zu verlegen. Ähnlich verhält es sich mit der im Gefechtsbericht der Luftflotte enthaltenen Behauptung, die Luftflotte IV hätte Generalleutnant Ringel bereits am Abend des 20. Mai als neuen Führer der Gruppen Mitte und West befohlen. Wie wenig wahrscheinlich diese Behauptung ist, ist schon daraus zu ersehen, daß am Abend des 20. Mai keine Möglichkeit bestand, General Ringel im Raum Malemes zu landen. Bei der Luftflotte aber wurde – wie der weitere Verlauf der Schlacht zeigte – selbst am Mittag des 21. Mai noch nicht damit gerechnet, daß dies möglich sein würde. Außerdem war – wie bereits erwähnt – am Abend des 20. Mai die Absicht, General Ringel und seine Gebirgsjäger auf dem Flugplatz Heraklion zu landen, noch nicht aufgegeben. Zum anderen würde dieser Befehl einen Eingriff in die Befehlsgewalt des Generals Student bedeutet haben, der den in der deutschen Wehrmacht bewährten Grundsätzen widersprochen hätte, und für den kein Anlaß vorlag. Schließlich hat der Verfasser selbst während der Nacht vom 20. zum 21. Mai den Quartiermeister, Oberstleutnant Seibt, vertreten und alle Ereignisse dieser Nacht im Stab des XI. Fliegerkorps miterlebt. An der erwähnten Besprechung gegen Ende der Nacht nahm er teil, an der Durchführung des entscheidenden Entschlusses wirkte er mit. Die geschichtliche Wahrheit erfordert die Feststellung, daß der schlachtentscheidende Entschluß, den Schwerpunkt der Operation auf den Westteil der Insel Kreta zu legen, allein von General Student gefaßt wurde. Möglicherweise würde die Luftflotte IV zu dem gleichen Entschluß gekommen sein. Tatsächlich hat sie aber an dem Entstehen dieses Entschlusses keinen Anteil. General Student war es auch, der den Oberst Ramcke mit solchen Vollmachten ausstattete, daß dieser wiederum – wie wir noch sehen werden – durch einen späteren Entschluß seinerseits dem weiteren Verlauf der Kämpfe eine überaus günstige Wendung geben konnte. Noch ehe die angeordneten Maßnahmen sich hatten auswirken können, war ein erster bedeutender Erfolg im Westteil der Insel eingetreten: Die Höhe 107 war vom Sturmregiment besetzt worden. Dieser Erfolg war die Frucht des harten Kampfes, den das Sturmregiment seit dem Morgen des 20. Mai dem Gegner geliefert hatte. Vorwiegend das 22. neuseeländische Bataillon hatte diesen starken Druck aushalten müssen. Oberstleutnant Andrews, der Kommandeur dieses 22. neuseeländischen Bataillons, war ein bewährter Offizier, der im Ersten Weltkrieg mit dem Viktoria-Kreuz ausgezeichnet worden war. Am Mittag des 20. Mai glaubte er, seinen Auftrag, den Flugplatz und die Höhe 107 zu verteidigen, nur durch einen Angriff erfüllen zu können. Diese Ansicht war zweifellos richtig. Dementsprechend setzte er am Nachmittag alle Kräfte, die er irgend freimachen konnte, zu einem Angriff über den Flugplatz in Richtung nach Westen auf den Tavronitis zu an. Dieser Angriff wurde von zwei Mark-IV-Panzern begleitet. Das Bataillon des Hauptmanns Gericke wies diesen Angriff blutig ab, die beiden Panzer wurden niedergekämpft. Sie blieben bewegungs- und kampfunfähig liegen…“

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