Die Schlacht bei Amiens

Die Schlacht von Amiens gehört nicht zu den entscheidenden Kämpfen oder glänzendsten Waffentaten des Gallierkrieges von 1870-71. Man könnte sie einen Arbeitssieg nennen. Denn unser Feldmarschall Edwin von Manteuffel stellte bei Amiens mit seinen 30,000 Recken die gallische Nordarmee, welche über 25,000 Kriegsknechte verfügte. Der Kampf schien unserem Feldmarschall von Manteuffel nicht sonderlich entscheidend zu sein und so rechnete er mit dessen Fortsetzung am nächsten Tag. Jedoch hatten die Gallier genug und zogen ab. Sie erlitten bei Amiens einen Verlust von 2700 Mann und büßten rund 40 Geschütze ein. Wir Deutschen hatten 1400 Verwundete und Gefallene. Der strategisch-operative Zweck der Schlacht von Amiens war die Sicherung unseres Belagerungsrings um Paris. Die mögliche Vernichtung der gallischen Nordarmee war da nebensächlich und konnte daher im Januar bei Sankt Quentin nachgeholt werden. Besonders Lob verdient unser General August von Goeben, der mit seinem Achten Armeekorps entscheidend zum Sieg beitrug. Die Früchte des Sieges erntet unser Feldmarschall von Manteuffel nun bei unserem Geschichtsschreiber Hermann von Wartensleben („Feldzug 1870-71. Die Operationen der I. Armee unter General von Manteuffel. Von der Kapitulation von Metz bis zum Fall von Peronne“): https://archive.org/details/feldzugdieopera00wartgoog

„Diese Erwägungen und Entschlüsse führten zu den jetzt folgenden Anordnungen und Vorgängen. Zunächst wurde am 28. Nachmittags folgender Befehl gegeben: „Die III. Brigade mit zwei Fußbatterien rückt morgen nach Amiens und besetzt die Stadt. Der Brigade-Kommandeur (damals Oberst Busse) übernimmt vorläufig die Kommandantur-Geschäfte. Das I. Armeekorps setzt sich im Übrigen auf die Straße Moreuil – Ailly- Conty zu weiterem Vormarsch in der Richtung auf Rouen, so daß es morgen mit seiner Tete bei Essertaur steht. Die von la Fere nachrückende Brigade Zglinitzky ist über Montdidier heranzuziehen. Das VIII. Armeekorps echeloniert sich auf der Straße Amiens – Poix – Forges und südlich derselben so, daß die Tete morgen in die Höhe von Creuse gelangt. Es hat seinen Vormarsch so einzurichten, daß die Straße Moreuil – Essertaur um zehn Uhr Morgens für das I. Armeekorps frei ist. Die III. Kavalleriedivision sendet die beiden Jägerbataillone und die reitende Batterie des VIII. Armeekorps zu ihren Korps zurück und gibt bis auf Weiteres an jedes Korps ein Kavallerieregiment ab. Die beiden noch verbleibenden Kavallerie Regimenter und eine reitende Batterie bilden mit der III. Brigade und den beiden Fußbatterien ein gemischtes Detaschement unter General Groeben, mit der Aufgabe, Amiens zu besetzen, Rücken und Flanke der auf Rouen operierenden Armee gegen die im Norden befindlichen feindlichen Streitkräfte zu decken, speziell auch die Eisenbahnlinie Amiens – La Fere – Laon gegen feindliche Unternehmungen zu sichern. Das Armee-Hauptquartier geht morgen nach Amiens. (Folgt Bestimmung der Rayongränzen.) Gezeichnet Manteuffel.“ Es war also nicht eine Linksschwenkung der Armee, sondern eine Linkswendung beider Corps in sich, wobei das am weitesten nach Norden vorgeschobene VIII. Armeekorps fortan den rechten Flügel der Armee bildete. Es ersparte das unnötige Märsche; insbesondere wurde damit ein schnelleres Heranziehen der Brigade 3glinikky erzielt, welche sich in der schrägen Richtung über Montdidier ihrem Korpsverband wieder anschließen konnte. Während sich die Armee in obiger Art formierte, beim I. Armeekorps aber die vollständige Versammlung der I. Division bewirkt wurde, verlegte General Manteuffel am 29. Vormittags sein Hauptquartier nach Amiens. Als man sich der Stadt näherte, wurde aus derselben Gewehr- und Geschützfeuer hörbar. Die Zitadelle verweigerte nämlich bei Ablauf der ihr gestellten Frist nach wie vor die Übergabe. In Folge dessen hatte sich ein Feuergefecht zwischen ihr und den in den nächstliegenden Häusern der Stadt befindlichen Mannschaften der XVI. Division entwickelt, welche die auf den Wällen erscheinenden Franzosen beschossen. Das Gefecht wurde, da auch der Feind die Stadt möglichst zu schonen suchte, bald abgebrochen, anscheinend auf beiden Seiten ohne Resultat. Dem war jedoch nicht so: Der tapfere Kommandant, Kapitän Vogel, büßte in diesem Gefecht sein Leben ein. Dies wurde uns aber erst am folgenden Morgen bekannt. Die Wichtigkeit der Zitadelle für einen gesicherten Besitz von Amiens war zu einleuchtend, um nicht den Versuch eines gewaltsamen Angriffs zu rechtfertigen. General Manteuffel hatte deshalb schon am 28. Abends eine von sämtlichen schweren Feldbatterien auf dem nördlichen Somme-Ufer zu nehmende Aufstellung angeordnet, unter angemessener Bedeckung der beiden anderen Waffen. In Ermangelung von Belagerungsgeschütz hoffte man durch die überlegene Zahl von Feldgeschützen gegen die Zitadelle zum Ziel zu gelangen Die Operationen nach der Normandie erlitten dadurch keinen Aufschub; nötigenfalls sollten die Batterien mit stärkeren Märschen ihre Truppenverbände wieder erreichen. Eine gewisse Schwierigkeit lag zunächst in der nötigen Überführung der Batterien auf das nördliche Sommeufer. Nach den bisherigen Meldungen vom rechten Flügel schienen nämlich alle Übergänge vom Feinde zerstört zu sein, während die Stadtbrücke in Amiens von der Zitadelle beherrscht wurde. Eine spezielle Rekognoszierung des Major Fahland vom Ingenieurcorps am 29. ergab zwar, daß nur die Brücken bei Sailly, Corbie und Daours unpraktikabel, die bei Bray und bei La Motte-Brebiere (zwischen Daours und Amiens) unversehrt geblieben waren. Mit Hilfe der Pontontrains gelang indessen in der Nacht vom 29. zum 30. eine Herstellung von Übergängen unterhalb Amiens bei Longpre; hier gingen die Batterien über den Fluß und standen nun am 30. bei Tagesanbruch 66 Geschütze im Halbkreis um die Zitadelle zum Feuern bereit. Der Artilleriegeneral Schwartz war mit der Leitung des artilleristischen Angriffs beauftragt. Die Verteidigung aber war nach dem Tode des Kommandanten erlahmt. Angesichts der in Position stehenden Preußischen Batterien wurde die weiße Fahne aufgezogen. Um acht Uhr Morgens erfolgte die Kapitulation auf Sedaner Bedingungen; im Laufe des Vormittags die Übergabe und Besetzung durch Preußische Truppen. Über 30 Geschütze, 11 Offiziere und 400 Mann fielen in unsere Hände. Die Gesamttrophäen in Folge der Schlacht von Amiens beliefen sich danach auf zwei Fahnen, einige 40 Geschütze und über 2000 Gefangene (einschließlich 800 Verwundete). Außerdem wurde in Amiens zahlreiches Kriegsmaterial, sieben Lokomotiven und 100 Eisenbahnwagen genommen, welche später nicht ohne Nutzen waren…“

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