Karl vom Stein

Unser Freiherr Karl vom Stein hat heute Geburtstag (1757 in Nassau). Wer ihn noch nicht kennt, der kann sich auf dieser Netzseite ein wenig schlau machen: http://www.lwl.org/westfaelische-geschichte/portal/Internet/finde/langDatensatz.php?urlID=718&url_tabelle=tab_websegmente Die Hand lege ich dafür zwar nicht ins Feuer, aber die Umerzogenheiten scheinen sich in Grenzen zu halten. Vorsicht ist bei den offiziellen Darstellungen unserer deutschen Geschichte durch die umerzogenen Diener der Amerikaner jedoch immer geboten. Besser ist es daher immer, sich die Quellen und Zeitzeugnisse sowie die Werke unserer altdeutschen Geschichtsschreiber und Geschichtsforscher zur Hand zu nehmen. Dazu möchte ich meinen Teil beitragen und suche mir dafür das Schreiben aus, das unser Freiherr vom Stein bei seinem erzwungenen Abschied an seine Beamten gerichtet und diesen wahrlich reichlich Hausaufgaben aufgegeben hat:

„Umstände, deren Darstellung es nicht bedarf, forderten meinen Austritt aus dem Dienste des Staats, für den ich lebe, und für den ich leben werde. In den äußeren Verhältnissen herrscht die Notwendigkeit so stark und mächtig, daß die Stimme eines Individuums darin wenig vermag. In der Verwaltung des Innern setzte ich mein Ziel. Es kam darauf an, die Disharmonie, die im Volke Statt findet, aufzuheben, den Kampf der Stände unter sich, der uns unglücklich machte, zu vernichten, gesetzlich die Möglichkeit aufzustellen, daß Jeder im Volke seine Kräfte frei in moralischer Richtung entwickeln könne, und auf solche Weise das Volk zu nötigen, König und Vaterland dergestalt zu lieben, daß es Gut und Leben ihnen gern zum Opfer bringe. Mit Ihrem Beistande, meine Herren, ist vieles bereits geschehen. Der letzte Rest der Sklaverei, die Erbuntertänigkeit, ist vernichtet, und der unerschütterliche Pfeiler jedes Thrones, der Wille freier Menschen, ist gegründet. Das unbeschränkte Recht zum Erwerb des Grundeigentums ist proklamiert. Dem Volke ist die Befugnis, seine ersten Lebensbedürfnisse sich selbst zu bereiten, wiedergegeben. Die Städte sind mündig erklärt, und andere minder wichtige Bande, die nur Einzelnen nützen, und dadurch die Vaterlandsliebe lähmten, sind gelöset. Wird das, was bis jetzt geschah, mit Festigkeit aufrecht erhalten, so sind nur wenige Hauptschritte noch übrig. Ich nehme mir die Freiheit, sie Ihnen einzeln aufzuzählen; nicht um ihre Handlungen dadurch zu leiten, denn Ihre Einsicht und Ihr Patriotismus bedürfen keiner Leitung; sondern um Ihnen zur Beurteilung meiner Handlungen und Absichten einen Maßstab zu geben. I. Regierung kann nur von der höchsten Gewalt ausgehen. Sobald das Recht, die Handlungen eines Mituntertans zu bestimmen und zu leiten, mit einem Grundstücke ererbt und erkauft werden kann, verliert die höchste Gewalt ihre Würde, und im gekränkten Untertan wird die Anhänglichkeit an den Staat geschwächt. Nur der König sei Herr, in so fern diese Benennung die Polizeigewalt bezeichnet, und sein Recht übe nur der aus, dem er es jedesmal überträgt. Es sind schon Vorschläge zur Ausführung dieses Prinzips von Seiten des Generaldepartements gemacht. II. Derjenige, der Recht sprechen soll, hänge nur von der höchsten Gewalt ab. Wenn diese einen Untertanen nötigt, da Recht zu suchen, wo der Richter vom Gegner abhängt, dann schwächt sie selbst den Glauben an ein unerschütterliches Recht, zerstört die Meinung von ihrer hohen Würde und den Sinn für ihre unverletzbare Heiligkeit. Die Aufhebung der Patrimonialjurisdiktion ist bereits eingeleitet. III. Die Erbuntertänigkeit ist vernichtet. Es bestehen aber noch in einigen Gegenden Gesindeordnungen, welche die Freiheit des Volks lähmen. Auch hat man Versuche gemacht, wie der letzte Bericht der Zivilkommissäre der Provinz Schlesien zeigt, durch neue Gesindeordnungen die Erbuntertänigkeit in einigen Punkten wieder herzustellen. Von dieser Seite wird der heftigste Angriff auf das erste Fundamentalgesetz unseres Staates, unsere Habeas-corpus-Akte, geschehen. Bisher schienen mir diese Versuche keiner Beachtung wert, teils weil nur einige Gutsbesitzer sie machten, die nicht das Volk, sondern nur der kleinste Teil von ihm sind, insbesondere aber, weil niemals die Rede davon sein konnte, diesen Einzelnen auf Kosten der Persönlichkeit zahlreicher Mituntertanen Gewinn zuzuwenden. Es bedarf, meiner Einsicht nach, keiner neuen Gesindeordnungen, sondern nur der Aufhebung der vorhandenen. Das, was das allgemeine Landrecht über das Gesindewesen festsetzt, scheint mir durchaus zureichend. In diesen treuen Sätzen ist die Freiheit der Untertanen, ihr Recht und ihre Treue gegen den König gegründet. Alle Bestimmungen, die hiervon ausgehen, können nur Gutes wirken. Das nächste Beförderungsmittel scheint IV. eine allgemeine Nationalrepräsentation. Heilig war mir und bleibe uns das Recht und die Gewalt unsers Königs. Aber damit dieses Recht und diese unumschränkte Gewalt das Gute wirken kann, was in ihr liegt, schien es mir notwendig, der höchsten Gewalt ein Mittel zu geben, wodurch sie die Wünsche des Volkes kennen lernen und ihren Bestimmungen Leben geben kann. Wenn dem Volke alle Teilnahme an den Operationen des Staats entzogen wird, wenn man ihm sogar die Verwaltung seiner Kommunalangelegenheiten entzieht, kommt es bald dahin, die Regierung teils gleichgültig, teils in einzelnen Fällen in Opposition mit sich zu betrachten. Daher ist der Widerstreit, oder wenigstens Mangel an gutem Willen, bei Aufopferung für die Existenz des Staats. Wo Repräsentation des Volks unter uns bisher Statt fand, war sie höchst unvollkommen eingerichtet. Mein Plan war daher, jeder aktive Staatsbürger, er besitze 100 Hufen oder Eine, er treibe Landwirtschaft, oder Fabrikation, oder Handel, er habe ein bürgerliches Gewerbe, oder sei durch geistige Bande an den Staat geknüpft, habe ein Recht zur Repräsentation. Mehrere, mir eingereichte, Plane sind von mir vorgelegt. Von der Ausführung oder Beseitigung eines Plans hängt Wohl und Wehe unseres Staats ab, denn auf diesem Wege allein kann der Nationalgeist positiv erweckt und belebt werden. V. Zwischen unsern beiden Hauptständen, dem Adel und dem Bürgerstande, herrscht durchaus keine Verbindung. Wer aus dem einen in den andern übergeht, entsagt seinem vorigen Stande ganz. Dieses hat notwendig die Spannung, die Statt findet, erzeugen müssen. Der Adel ist, um den Wert, den man ihm beilegen kann, zu behaupten, zu zahlreich, und wird immer zahlreicher. Bei dem Gewerbe, das er bisher allein trieb, und dem Staatsdienste, den er bisher ausschließlich bekleidete, hat, zur Erhaltung des Ganzen, Konkurrenz gestattet werden müssen. Der Adel wird daher zu Geschäften und Gewerben schreiten müssen, die mit der Auszeichnung, auf die er wegen seiner Geburt Ansprüche macht, im Widerspruche stehen. Er wird dadurch ein Gegenstand des Spottes, und verliert, was bald daraus folgt, die Achtung, die ihm schon als Staatsbürger gebührt. Jeder Stand fordert jetzt, abgesondert, den Beistand der höchsten Gewalt, und jedes Gute, jedes Recht, das dem Einen widerfährt, betrachtet der Andere als eine Zurücksetzung. So leidet der Gemeingeist und das Vertrauen zur Regierung. Diese Ansicht hat mir die Meinung von der Notwendigkeit der Reformation des Adels veranlaßt. Die Verhandlungen darüber liegen Ihnen vor. Durch eine Verbindung des Adels mit den andern Ständen wird die Nation zu einem Ganzen verkettet, und dabei kann das Andenken an edle Handlungen, welche der Ewigkeit wert sind, in einem höheren Grade erhalten werden. Diese Verbindung wird zugleich VI. die allgemeine Pflicht zur Verteidigung des Vaterlandes lebhaft begründen, und auch diese Allgemeinheit muß notwendig gleichen Eifer für die Regierung in jedem Stande erzeugen. Nur der Bauernstand wird deshalb, weil der durch Erbuntertänigkeit so lange zurückgehalten wurde, einiger positiven Unterstützung zur Erhöhung seines persönlichen Wertes noch bedürfen. Hierzu zähle ich VII. die Aufstellung gesetzlicher Mittel zur Vernichtung der Fronen. Bestimmte Dienste, die der Besitzer des einen Grundstücks dem Besitzer des andern leistet, sind an sich zwar kein Übel, sobald persönliche Freiheit dabei Statt findet. Diese Dienste aber führen eine gewisse Abhängigkeit und willkürliche Behandlung der Dienenden mit sich, die dem Nationalgeiste nachteilig ist. Der Staat braucht nur die Möglichkeit der Aufhebung derselben (so wie er auch die Gemeinheitsteilungen befördert) gesetzlich festzustellen, so daß ein Jeder Ausgleichung unter bestimmten Bedingungen verlangen kann. Dieses wird hinreichen, um bei dem Fortschritte des Volkes, der aus jenen Fundamentalsätzen notwendig folgen muß, die Dienstpflichtigen zu veranlassen, von jener Befugnis Gebrauch zu machen. VIII. Damit aber alle diese Einrichtungen ihren Zweck, die innere Entwickelung des Volks, vollständig erreichen, und Treue und Glauben, Liebe zum König und Vaterlande in der Tat gedeihen, so muß der religiöse Sinn des Volks neu belebt werden. Vorschriften und Anordnungen allein können dieses nicht bewirken. Doch liegt es der Regierung ob, mit Ernst diese wichtige Angelegenheit zu beherzigen, durch Entfernung unwürdiger Geistlichen, Abwehrung leichtsinniger oder unwissender Kandidaten, und Verbesserung der theologischen Vorbereitungsanstalten, die Würde des geistlichen Standes wieder herzustellen, auch durch eine angemessene Einrichtung der Pfarrabgaben, und durch Vorsorge für anständige Feierlichkeit des äußern Gottesdienstes, die Anhänglichkeit an die kirchlichen Anstalten zu befördern. IX. Am meisten aber hierbei, wie im Ganzen, ist von der Erziehung und dem Unterrichte der Jugend zu erwarten. Wird durch eine, auf die innere Natur des Menschen gegründete, Methode jede Geisteskraft von Innen heraus entwickelt, und jedes edele Lebensprinzip angereizt und genährt, alle einseitige Bildung vermieden, und werden die bisher oft mit seichter Gleichgültigkeit vernachlässigten Triebe, auf denen die Kraft und Würde der Menschen beruht, Liebe zu Gott, König und Vaterland sorgfältig gepflegt: so können wir hoffen, ein physisch- und moralisch-kräftiges Geschlecht aufwachsen, und eine bessere Zukunft sich eröffnen zusehen. Alle kleine Mängel unserer Verfassung, namentlich unserer Finanzeinrichtungen, werden gewiß bald sich heben, wenn nur die obigen Ansichten mit Ernst verfolgt werden. Ich darf Ihnen Glück wünschen, meine Herren, zu diesem Geschäfte berufen zu sein, und steht Ihnen auch manche Schwierigkeit bevor: so wird doch die Wichtigkeit des Werks und der entschiedene, auch durch die neuen Militär- und Zivileinrichtungen bewährte Wille und beharrliche Sinn des Königs Ihren Mut stärken und Ihnen das Gelingen Ihrer Bemühungen zusichern…“

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